Die «Mitteilungen» 2021


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Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz 2021 (Heft 113) erschienen
 
 
Als im Schwyzer Erdreich nach Öl gesucht wurde
 
Der Kanton Schwyz ist immer wieder für archäologische Überraschungen gut, wie zwei Beiträge in den diesjährigen «Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz» eindrücklich dokumentieren. In zehn weiteren Artikeln wird der Bogen von den Vogteirechten in den Höfen über den «Stöckmärcht» in Unteriberg und ein Findelkind in Gersau bis zur Suche nach Schwyzer Erdöl geschlagen.
 
HVS. Historische Vergleiche sind in der aktuellen Weltlage stark in Mode. Solche sind jedoch nur möglich, wenn gesicherte Informationen und Forschungsergebnisse zu den früheren Lebenswelten greifbar sind. Die 113. Ausgabe der «Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz», die von Ralf Jacober redigiert wurde, liefern hierzu in zwölf reichbebilderten Beiträgen wertvolles Material und dürften auch für Laien spannende Einblicke in unsere Vergangenheit bieten.
 
Archäologie-«Hotspot» Kanton Schwyz
In der Tagespresse finden sich regelmässig Schlagzeilen zu archäologischen Funden im Kanton Schwyz, die über die Kantonsgrenzen hinaus für Aufsehen sorgen. Die von einem Team um Walter Imhof und Urs Leuzinger seit Jahren bearbeiteten spätpaläolitischen und mittelsteinzeitlichen Fundstellen im Muotatal haben uns viele neue Informationen zum Leben vor 10'000 und mehr Jahren gebracht. Im Flözerbändli fanden die Archäologen 2020 unter anderem ein verziertes Hirschgeweihfragment – ein Sensationsfund. Der Beitrag dokumentiert die Grabung im Flözerbändli umfassend.
Von grosser wissenschaftlicher Bedeutung sind auch die Funde beim 2020 entdeckten jungsteinzeitlichen Siedlungsplatz in Immensee. In einem ausführlichen Werkstattbericht dokumentieren Nils Bleicher und sein Team die bisherigen Erkenntnisse. Der Bericht macht deutlich, was bei sorgfältiger Aufarbeitung einer Fundstelle an Aussagen zum Leben vor 5000 Jahren möglich ist. Entdeckt wurden fünf Siedlungen, die aufgrund der Materialfunde in ein Netzwerk von weiteren Siedlungen in der näheren und weiteren Umgebung gestellt werden können.
 
Hausbau vor 5000 Jahren: Dargestellt sind ein in Immensee gefundenes hölzernes Bauteil und die Rekonstruktion des Wandaufbaus. Möglicherweise handelt es sich bei diesem Holz um einen Schwellbalken, womit erstmals ein Beweis für eine Bauweise mit verkeilten Schwellbalken und senkrechten Bohlen für die Wände vorliegen kann. (Foto/Grafik: Staatsarchiv Schwyz/Amt für Städtebau, Unterwasserarchäologie Zürich)

Wie «manage» ich ein Weltkulturerbe?
Die Pfahlbauten am Zürichsee gehören seit 2011 zum Unesco-Weltkulturerbe. Nur schon der Erhalt ist in der heutigen Zeit keine einfache Sache. Andreas Mäder, Tim Wehrle und Christine Michel zeigen auf, wie der Kanton Schwyz mit der Hilfe von Fachleuten das «Fundstellenmanagement» in den nächsten Jahren organisieren will.
Mhvs 2021 Maeder et al Unesco Schwyzer Pfahlbauten Lesen Sie rein! 

Schabmadonnen aus dem Klosterplatz
Auch bei der Sanierung des Einsiedler Klosterplatzes wurden spannende Funde gemacht, darunter 144 Fragmente von Schabmadonnen. Schabmadonnen waren beliebte Devotionalien, die in den Läden rund um den Klosterplatz verkauft wurden. Evelyne Marty dokumentiert nicht nur die Funde, sondern streift auch die Geschichte des Klosterplatzes und geht auf Herstellung und Vertrieb der Schabmadonnen ein.
 
Die Suche nach Schwyzer Erdöl
Vor rund 100 Jahren lag der Fokus weniger auf archäologischen Fundstücken als auf der Hoffnung, «Schwarzes Gold» im Erdreich zu finden. Wie Valentin Kessler anschaulich und mit Bildern dokumentiert, wurde zwischen 1925 und 1928 in Tuggen nach Erdöl gebohrt – obwohl einige Geologen bereits vor dem Start davon abgeraten hatten. Die «Mineralien Schürf A.G.» blieb denn auch erfolglos. Trotzdem wurden in späteren Jahren weitere Versuche gestartet. Eine Schürfkonzession hat noch nach dem Jahr 2000 bestanden. Allerdings hat sich der Traum weiter nicht verwirklicht.

Der Ölturm der Grabung von Tuggen (1925–1928). Das Foto steht symbolisch für den – letztlich geplatzten – Öltraum in Tuggen wie im Kanton Schwyz und der Schweiz. (Foto: Staatsarchiv Schwyz)

Der Ursprung des «Stöckmärcht»
(Jahr-)Märkte haben im ganzen Kanton Schwyz Tradition. Der jeweils im Oktober stattfindende «Stöckmärcht» in Unteriberg ist ein Markt mit überregionaler Ausstrahlung. Für ihn wird mit dem Prädikat «Älter als die Gemeinde» geworben. Patrick Schönbächler hat sich auf dessen Spuren begeben und dabei viel Wissenswertes zum Markt, aber auch zur Geschichte der Gemeinde Unteriberg und der Region zusammengetragen.

Ansichtskarte um 1900 vom Hotel «Rössli & Post», Unteriberg. Das Haus war im Besitz von Gemeindepräsident Franz Fässler auf den Stöcken, dem Initiator des «Stöckmärcht» und der treibenden Kraft für die wirtschaftliche und politische Selbständigkeit der «Unteren». (Bild: Privatsammlung Patrick Schönbächler, Einsiedeln)

Zürcher Zinsansprüche in der frühneuzeitlichen March
Dass herrschaftliche Ansprüche aus dem Mittelalter in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft weiterhin wirkten und dabei auch nicht durch Konfessions- oder politische Grenzen «aufgehalten» wurden, zeigt Peter Niederhäuser in seinem Beitrag zu den Rechten des ehemaligen Klosters Rüti in der March. Die Güterverwaltung des Klosters blieb selbst in «ausserkantonalen» Gebieten wie der March oder im Raum Pfäffikon weit über die Aufhebung des Klosters hinaus bestehen. Erst 1651 wurden diese Herrschaftsverhältnisse nach umfassenden Verhandlungen in einem «Deal» unter Schwyzer, Zürcher und Glarner Beteiligung bereinigt.
 
Die Höfe im Fokus von Zürich und Schwyz
Im Gefolge des Alten Zürichkriegs kamen die Höfe Pfäffikon und Wollerau unter Schwyzer Herrschaft. Obwohl die Hofleute 1450 den Eid vor den Herren von Schwyz ablegten, verlor die Zürcher Obrigkeit ihr ehemaliges Herrschaftsgebiet nicht aus den Augen. Die Höfner selbst versuchten, sich gewisse Rechte gegenüber den neuen Herren zu sichern, was aber nur bedingt gelang, wie Albert Hug in seiner Analyse des Eids der Hofleute gegenüber Zürich 1449 und Schwyz 1450 zeigt.
 
Gersau als europäisches «Forschungsobjekt»
Der Freistaat Gersau rückte im 18. Jahrhundert in den Fokus des aufgeklärten europäischen Bürgertums. Die vermeintlich «idealen» Verhältnisse wurden von Gelehrten erörtert, die Zentralschweiz und Gersau zum Reiseziel. Niklaus Andreas Rigert dokumentiert diesen Trend anhand von Reisebeschreibungen und weiteren Quellen.
Dass die Realität auch in Gersau nicht immer nur rosig und edel war, zeigt der Beitrag von Josef Muheim-Büeler zum Tod eines Findelkinds in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf der Basis von Untersuchungs- und Gerichtsakten gewährt er einen Einblick in den Umgang mit ausserehelichen Schwangerschaften.
 
Geschichtliches in Meinrad Inglins Werk
Die Romane «Schweizerspiegel» oder «Jugend eines Volkes» des Schwyzer Schriftstellers Meinrad Inglin (1893–1971) wurden hier und da so gelesen, als würden sie historische Ereignisse aus der Schweizer Geschichte so übermitteln, wie sie sich ereigneten – und könnten damit auch für den Geschichtsunterricht verwendet werden. Daniel Annen geht dieser Annahme in seinem Beitrag auf die Spur und zeigt auf, dass Inglins Werke keine Geschichtsbücher sind, aber interessante Verarbeitungen. Eindrücklich sind die Bilder, die Inglins Militärzeit respektive die Innerschweiz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentieren.
 
Abgerundet wird der 230-seitige Band vom Denkmalpflegebericht von Monika Twerenbold, in welchem Arbeiten wie die Sanierung des Altersheims und Kindergartens Hofmatt Arth oder die Sanierung des Wohnhauses Hirschen in Altendorf beschrieben werden, sowie der Bibliographie 2018 von Martina Kälin-Gisler, Oliver Landolt und Markus Rickenbacher.
 
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Historischer Verein des Kantons Schwyz
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