Geschichtsschreibung zwischen Berufung und Beruf

Zusammenfassung

Die Schwyzer Geschichtsschreibung war nicht von der Aussenwelt abgekoppelt. Auch in Schwyz sind die allgemeinen Entwicklungslinien des Berufs Historiker in den vergangenen 200 Jahren feststellbar. So wandelten sich die Zielsetzungen, Qualifikationen und Qualitäten der wichtigsten Schwyzer Geschichtsschreiber und ihrer Werke nach 1800. Im politischen und verfassungsrechtlichen Kampf sowie in der Auseinandersetzung der unterschiedlichen Kulturen benutzten konservative wie liberale Kräfte – vor allem Geistliche, Juristen und Politiker – ihr Bild von der Vergangenheit und von den direkt auf die Gegenwart zulaufenden geschichtlichen Ereignissen für die Rechtfertigung ihrer unterschiedlichen Positionen und belegten diese durch mit Akribie erschlossenes Quellenmaterial. Bis in die 1970er-Jahre konzentrierte sich die Institutionen- und Kirchengeschichte vor allem des Mittelalters und der Frühen Neuzeit auf die ehemaligen «Herren» aus dem Land Schwyz, dem Bezirk Schwyz und dem Kloster Einsiedeln. Lokal- und Volkskundliches wurde den Schreibern aus den früheren angehörigen Landschaften respektive den äusseren Bezirken überlassen. Eine thematische, regionale, personelle und methodische Öffnung trat erst um 1980 durch eine Neukonzeption des für den Nichtuniversitätskanton Schwyz zentralen Organs «Mitteilungen des Historischen Vereins» ein, welches in erster Linie von professionellen Historikern am Staatsarchiv redigiert und mit Beiträgen alimentiert wurde, aber auch ein Forum für Liebhaber der Geschichte bildete. Allerdings stehen historisch Interessierte aufgrund der vielen kantonalen und regionalen, oft von Vereinen getragenen, Publikationsreihen sowie der immer stärker staatlich unterstützten wissenschaftlichen Jubiläumsbände weiterhin einer Sammlung von «Mosaiksteinchen» gegenüber. Es muss ein Hauptziel der künftigen Schwyzer Geschichtsschreibung sein, die rechtlichen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Zusammenhänge von Schwyz im Innern wie in seinen Aussenbeziehungen wissenschaftlich-kritisch als «Gesamtes» darzustellen und die Erinnerung daran sicherzustellen.


Geschichtsschreibung zwischen Berufung und Beruf
Die Geschichte des Kantons Schwyz, Band 6, S. 243-261
Autor: Ralf Jacober

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